(...)Auf den Schlachtfeldern von Verdun
wachsen Leichen als Vermächtnis.
Täglich sagt der Chor der Toten:
„Habt ein besseres Gedächtnis!"
Gedichte sagen mehr über die Seele als tausend Bilder. Hier eine kleine Sammlung an Gedichten und Äußerungen von großen und kleinen, bekannten und anonymen, lebenden und toten Dichtern über den Krieg. Es gibt aber auch humorvolle und nicht ganz so ernst gemeinte Texte - denn auch im größten Grauen versucht der Mensch, sich sein kleines Stück Normalität und heile Welt zu bewahren.
Die Kapelle.
Lange. Zwischen Oberlarg und Winkel, März 1915
Wo der Weg die sanfte Höhe quert,
Bei sechs mächtigen, uralten Linden,
Wird der Largtalwanderer die Kapelle
Uns’rer Mutter Des Guten Rates finden.
Friedvoll blinkt das weiße Häuslein
Unter dichtverschlung’ner Äste Zelt,
Segnend steht das Muttergottesbild
Ob des Märzen saaterschloss’nem Feld.
Gedicht aus der Regiments-Geschichte des F.A.R. 13. Verfasser: L.R.
Glutrot am Himmel steht die Schlacht
Müd wankt ein Späher durch die Nacht,
Durchs tiefverhängte, blut'ge Feld,
Das zuckend wohl ein Schuβ erhellt,
Das Schlachtfeld von Varennes.
"Herrgott im Himmel! Bin ich müd!
Zerschlagen ist mir jedes Glied!
Wo lieg ich hin? Die Erd' ist feucht
Und naβkalt streicht der Wind. Mich deucht
Das gibt kein gutes Lager.
„Die richtige Fuhre“
Vom Kriegsfreiwilligen Max Uth, im Sundgau Februar 1916
Geschlagen ward die Schlacht bei Sept.
Ein Sundgau-Held, wer sie erlebt.
Ein Trommelfeuer wie noch nie
Besorgt die 7. und 8. Batterie.
Ich sag’ es offen, ohn’ Blamage,
Damals zählt’ ich noch zur großen Bagage.
Und diese protzt, wie’s immer war,
Wenn’s vorne knallt und bei Gefahr,
Nach rückwärts ab, so war es wieder,
Frühmorgens ging’s – lebt wohl ihr Brüder.
In Weiler war’s, wo’s Lazarett
Dort schlug ich auf mein hartes Bett.
Und richte ein das Telefon
Zum Rufen: „Ja, ich komme schon“
Mit Langgranaten, Pferd und Wagen
Steh’n bereit, ich darf es wagen!
Bent double, like old beggars under sacks,
Knock-kneed, coughing like hags, we cursed through sludge,
Till on the haunting flares we turned our backs,
And towards our distant rest began to trudge.
Men marched asleep. Many had lost their boots,
But limped on, blood-shod. All went lame; all blind;
Drunk with fatigue; deaf even to the hoots
Of gas-shells dropping softly behind.
Gas! GAS! Quick, boys!—An ecstasy of fumbling
Fitting the clumsy helmets just in time,
But someone still was yelling out and stumbling
And flound’ring like a man in fire or lime.—
Dim through the misty panes and thick green light,
As under a green sea, I saw him drowning.
In all my dreams before my helpless sight,
He plunges at me, guttering, choking, drowning.
Gedanken zum Krieg
Sie sind für Dich, diese Zeilen,
für Dich, der nicht tapfer gefallen ist.
Die Tapferen, die Helden, ich habe viel Gedenksteine gesehen
zu Ehren für sie erbaut, auf diesem Berg
und auch anderswo.
Sie alle sind gefallen, tapfere Soldaten,
für den Kaiser, das Vaterland….
Du, mein Bruder, Du hattest Angst, als Du gefallen bist.
Du bist von vorn gefallen, weil Du fürchteste,
daß der Feldwebel Dich von hinten erschießt.
Du hast vielleicht so Angst gehabt, daß Du weggelaufen bist
und Du bist dann gestorben...als ein Vorbild.
Sie sind für Dich, diese Worte,
für Dich, der „Mama“ geschrieen hat,
als die Granate ihm den Bauch aufriß
und der heulend vor Schmerz gestorben ist.
Diese Zeilen sind für Dich, Du Elsässer,
der Du in deutscher Uniform gefallen bist.
Der Bürgermeister hat Deine Mutter besucht, um ihr zu sagen:
"Er ist für Führer und Vaterland gefallen."
Und dann, nach dem Kriege, hat man auf das Denkmal
mit Deinem Namen "gefallen für Frankreich" geschrieben.
Vielleicht ändert das nun nichts mehr für Dich.
Aber „gefallen für die Dummheit der Menschen“
konnte man nicht schreiben.
So etwas gehört sich nicht, verstehst Du?
Aber genau das ist meine Meinung,
und ich würde Dir gern einen Gedenkstein errichten,
um Dir das zu sagen.
Goetz v. Overland; 3. Strophe: W. Cramm, Melodie: Joachim Kluge
Graue Kolonnen
Zieh'n in der Sonne
Müde durch Heide und Sand.
Neben der Straßen
Blühen im Rasen
Blumen am Wegesrand.
Blumen am Wege, wie blüht ihr so schön!
Aber wir dürfen ja nicht stille steh'n,
|: Wenn wir marschieren in Feindesland. :|
2. Ruhlos in Flandern
Müssen wir wandern,
Weit von der Heimat entfernt.
Graue Soldaten
Im Schrei der Granaten
Haben das Lachen verlernt.
Ob auch zu Hause ein Mädel wohl weint,
Drausen im Felde schon wartet der Feind,
|: Wenn wir marschieren in Feindesland. :|
Ein Gedicht zur Erinnerung an die Schlacht von Grodek im September 1914 in Ostgalizien zwischen dem russischen und dem österreichisch-ungarischen Heer.
Am Abend tönen die herbstlichen Wälder
Von tödlichen Waffen, die goldnen Ebenen
Und blauen Seen, darüber die Sonne
Düstrer hinrollt; umfängt die Nacht
Sterbende Krieger, die wilde Klage
Ihrer zerbrochenen Münder.
Doch stille sammelt im Weidengrund
Rotes Gewölk, darin ein zürnender Gott wohnt
Das vergossne Blut sich, mondne Kühle;
Alle Straßen münden in schwarze Verwesung.
Unter goldnem Gezweig der Nacht und Sternen
Es schwankt der Schwester Schatten durch den schweigenden Hain,
Zu grüßen die Geister der Helden, die blutenden Häupter;
Und leise tönen im Rohr die dunkeln Flöten des Herbstes.
O stolzere Trauer! ihr ehernen Altäre
Die heiße Flamme des Geistes nährt heute ein gewaltiger Schmerz,
Die ungebornen Enkel.
Von Albert Bischoff, Landsturm-Bataillon Rastatt, 1915. Aus der Regimentsgeschichte des Landwehr-Infanterie Regiments 111 (LIR 111)
Heimersdorf, auf lateinisch „Holzschuhia Antikloseta“, liegt ungefähr 20 Meter über dem Bataillons-Büro. Es heißt auch deshalb Heimersdorf, weil es dem II. Landsturm-Bataillon Rastatt beinahe zur zweiten Heimat geworden ist. Das Klima ist milde und die Luft sehr kuhozonhaltig, daher eine Sommerfrische. Wem die Luft zu stark ist, dem wird die Bataillonskantine empfohlen, da es dort so zieht, dass es alles herauszieht. Von öffentlichen Gebäuden sind zu erwähnen ein Rathaus, zwei Gasthäuser und ein Kriegsbrausebad, von anderen Bauten Villa Räuberhöhle, Pionierklubhaus und die einzige Dampfbäckerei (neues System, ohne Dach). An Sehenswürdigkeiten ein Denkmal beim grünen Baum mit Parkanlagen. An Stelle der jetzigen Grasbüschel kommt später ein Stein mit den Namen derjenigen, denen es hier besonders gut gefallen hat, sowie der Name des Entdeckers vom „Kamel beim Feinde“. Im Rathaus befindet sich die Revierstube, auch Schnaken- und andere kleine Käfervertilgungsanstalt. Wirkliche Kranke finden dort liebevolle Aufnahme, eingebildete Kranke werden abgewiesen oder bekommen „Oelus Rizinus“.
Weiterlesen: Heimersdorf und der Landsturm 1915 - ein humoristischer Vortrag
Herbststimmung in Pfirt 1915
Bunte Altäre hat der Herbst erbauet,
Als Opferrauch die weißen Nebel wallen
Geheimnisvoll durch gold’ne Laubeshallen
Darüber mild des Himmels Auge blauet.
Von steilem Hang weit in die Lande schauet
Die alte Burg, zerbröckelt und zerfallen,
Ein Ruhesitz nur für des Bussards Krallen,
Der in die Fugen seine Fänge hauet.
In stillem Frieden scheint ringsum zu schwingen
Der Herbst sein gülden Szepter – Horch ein Brausen
Aus hoher Luft und ein metallisch Klingen,
Dumpfes Geheul von der Schrapnelle Sausen,
Wölkchen am Himmelsblau, draus Blitze springen –
Der Friede fliehet vor des Krieges Grausen.
Pfirt im 17. Jahrhundert
Zitate aus Büchern und Briefen von
Hermann Hesse
In der ganzen Welt ist jeder Politiker sehr für Revolution, für Vernunft und Niederlegen der Waffen - aber nur beim Feinde, ja nicht bei sich selber!
An einen Krieg dachte niemand, man rüstete nur so für alle Fälle, weil reiche Leute gern Eisenwände um ihr Geld sehen.
Züchtung von Kriegsangst ist ein alter Kniff der Leute, für die Krieg Geschäft und Gewinn bedeutet.
Ein Krieg kommt nicht aus dem blauen Himmel herab, er muss gleich jeder anderen menschlichen Unternehmung vorbereitet werden, er bedarf der Pflege und Mitwirkung vieler, um möglich und wirklich zu werden. Gewünscht aber, vorbereitet und suggeriert wird er durch die Menschen und Mächte, denen er Vorteil bringt. Er bringt ihnen entweder direkten baren Geldgewinn wie der Rüstungsindustrie (und sobald Krieg ist - wie unzählige, vorher harmlose Gewerbe werden da zu Rüstungsgeschäften, und wie automatisch strömt das Kapital diesen Geschäften zu!), oder er bringt ihnen Gewinn an Geltung, Achtung und Macht wie etwa den stellenlosen Generälen und Obersten.
Die Kriege werden gemacht von Leuten, denen das Leben anderer gleichgültig ist. Sie machen ihre Kriege mit der Habe, dem Blut und Leben anderer, und was wir dazu denken und dabei leiden, ist ihnen einerlei.
Gedicht des Leibers Josef Metzenleitner der 5. Kompanie des Bayerischen Infanterie-Leib-Regiments. "Leiber" ist ein Mannschafts-Dienstgrad welcher nur im Leibregiment verwendet wird.
Das Regiment war im Juni/Juli 1917 bei Enschingen in Stellung. Hier entstand dieses, mit einem gewissen Galgenhumor verfassten Gedicht.
Im Schützengraben
Bei uns im Schützengraben,
da ist es wundernett,
viel schöner als zu Hause
im warmen Federbett!
Wir haben viel Bewegung,
dies ist uns sehr gesund,
wir würden sonst auch alle
zu fett und kugelrund.
- Im Unterstand in der „ruhigen“ Altkirch- Stellung
- Kein Trinkwasser.
- Krieg dem Kriege - Kurt Tucholsky
- Kriegsweihnacht bei der Litte Kapelle
- Landsturmmann im Sundgau
- Mein Bruder war ein Flieger - Bertolt Brecht
- Mein erster Schuss bei Carspach - Eine kleine Geschichte vom Palmsonntag 1917
- Nein, meine Söhne geb' ich nicht - Reinhard Mey
- Niederburnhaupt - Ein Gedicht für die Maien-Königin
- Pensées à la guerre