Mein erster Schuss bei Carspach
Eine kurze Geschichte, erzählt von Franz Bebon aus Riegel am Kaiserstuhl. Er erzählt hier, wie er seinen ersten Schuss abgab. Bebon, Jahrgang 1898, war Soldat der 6. Kompanie I.R. 470. Das Regiment war vom 1. April bis 27. August 1917 bei Altkirch im Einsatz.:
"In der denkwürdigen Nacht vom Samstag auf Palmsonntag 1917, als die 6/470 zum erstenmal vor Carspach in Stellung ging, wurden Hans und Franz, zwei junge 98er, von einem am Grabeneingang stehenden unbekannten Offizier sofort auf Grabenposten kommandiert. Nachdem der Tornister im Unterstand, ein bis dahin nur vom Hörensagen bekannter Raum, untergebracht war, wurde auf Posten gezogen.
Der abgelöste 169er verschwand sofort. Bald wurde auch einigermaßen Ruhe im Graben, und wir konnten unsere Aufmerksamkeit mehr nach dem Feinde richten. Diese steigerte sich, als wir in einiger Entfernung etwas Unbestimmtes sahen, das, durch die jagenden Nachtwolken vom Mond ungenügend beleuchtet, uns nicht ganz geheuer vorkam. Im Flüstertone wurde beraten, was zu machen sei. Hans sagte, Franz solle schießen, Franz aber meinte, Hans. Letzterer wollte nicht, deshalb nahm Franz, also ich, das Gewehr, legte rasch an, zielte und drückte ab.
Aber o weh – der Schuss war draußen, und ich flog zur gleichen Zeit rücklings den Schützenauftritt hinunter. Anscheinend hatte sich beim Instellunggehen Dreck von der Grabenwand in den Gewehrlauf geschoben, wodurch ich diesen so kräftigen Schulterschlag bekam, daß ich hinüberkippte. Hans war natürlich erschrocken und vergaß, die Wirkung des Schusses zu beobachten.
Als ich wieder auf dem Schützenauftritt stand, kam auch schon der Unteroffizier vom Grabendienst. Bald sah er dasselbe wie wir. Er schoss eine Leuchtkugel ab, und das Rätsel war gelöst. Ein kurzer, zersplitterter Baumstumpf war es, den wir als etwas Feindliches betrachtet hatten. Unsere Gemüter wurden wieder ruhiger; diesen meinen ersten Schuss im Schützengraben aber werde ich nie vergessen."