Gedicht aus der Regiments-Geschichte des F.A.R. 13. Verfasser: L.R.
Glutrot am Himmel steht die Schlacht
Müd wankt ein Späher durch die Nacht,
Durchs tiefverhängte, blut'ge Feld,
Das zuckend wohl ein Schuβ erhellt,
Das Schlachtfeld von Varennes.
"Herrgott im Himmel! Bin ich müd!
Zerschlagen ist mir jedes Glied!
Wo lieg ich hin? Die Erd' ist feucht
Und naβkalt streicht der Wind. Mich deucht
Das gibt kein gutes Lager.
Ist nirgendwo ein Schlupf, ein Haus?"
Er schaut vergebens darnach aus.
Und immer matter wird sein Lauf,
Da taucht vor ihm am Hange auf
Der Schatten einer Hütte.
"Gottlob !" Die Tür steht auf. "Hinein!
Ein welsches Backhaus scheint's zu sein."
Gleich stöβt sein Fuβ an etwas an.
"Da liegen ja schon ein paar Mann!
Gibt's hier noch Platz für einen?"
Die sagen nichts. Was Wunder auch!
Seit sieben Wochen war's nun Brauch:
Marschieren, Fechten, Tod und Graus,
Marschieren, Fechten, ein und aus.
"Wozu die Armen wecken!"
Behutsam tastet sich und stumm
Der Leutnant in dem Dunkel um;
Da ist ein Stiefel; da ein Kinn;
Da liegt ein anderer. - Zwischendrinn'
Bleibt eine schmale Stätte.
Die nimmt der Müde schweigend ein.
Und sinkt schon in den Schlaf hinein.
Die Schlacht geht drauβen auch zur Ruh,
Nur schaurig lohen immerzu
Die Brände in der Runde. -
Doch kurz währt in der Schlacht die Rast,
Sie endet, eh' der Mond verblaβt. -
Ein Kracher fährt hart an das Haus.
"Zum Teufel! Wie sieht's hier denn aus!"
Und Schritte hasten weiter.
Der Leutnant fährt aus seinem Schlaf,
"Schon wieder eine, die fast traf!"
Es ist noch dämmrig in dem Raum.
Die andern liegen noch im Traum.
"Halloh! Ihr Schlafgenossen!"
"Halloh! Ihr dünkt euch wohl daheim,
Da macht ihr euch den falschen Reim!
Hier ist es Krieg, herrscht dicke Luft!
Halloh! Wacht auf!" Er sagt's. Er ruft.
Doch keiner will sich rühren.
Da faβt er seinen Nachbar an
Und schüttelt an dem andern dann.
"Ja will denn von euch keiner mit?
Kennt ihr denn unsere Losung nit?
Varennes gilt's zu stürmen!"
Doch keine Antwort folgt, kein Laut.
Das Frührot, das zur Türe schaut,
Gibt Antwort erst. -- Ja wahrlich weckt
Kein Rufen und kein Schieβen schreckt
So müde, müde Schläfer.
Starr ist ihr Auge, kalt die Hand,
Das Antlitz wie die fahle Wand.
"Gott gebe euch die ew'ge Ruh!
Fürwahr! Ihr seid der Heimat zu,
Dem Heimatland dort droben.
Euch bläst kein Horn zum Sturme mehr
Wund schlepptet ihr euch wohl hierher
Zum Sterben, gleich gequältem Wild,
Vor Augen noch der Mutter Bild,
Ihr Name auf den Lippen.
Wo wohl die Mutter um euch weint,
Wenn ihr der Sohn nie mehr erscheint?
Am Neckar? Auf der Alp? Am See?
Und wo sucht euch der Mutter Weh,
Ihr toten Grenadiere?
So sorgsam wohl, wie als ihr klein,
Deckt ihre Liebe euch jetzt ein
Und sorgt sich, was ihr jetzt wohl macht,
Und lauscht beklommen in die Nacht,
Wo fern Kanonen grollen.
Sie herzt und küβt euch, hält euch warm
Und nimmt euch wohl wie einst in Arm.
Und ihr liegt hier so kalt und bloβ,
Ein einsam Grab ist euer Los
Im fernen, fremden Lande. --
Ich hielt euch schlechte Totenwacht.
Nun sei das Schönste euch gebracht,
Was die zerfetzte Wiese hat:
Des Waffenbruders Liebestat.
Der letzte Gruβ der Mutter!
(L.R. - FAR13)