Gedicht eines Soldaten, gefunden in der Kirche von Niederburnhaupt (Burnhaupt le Bas)

Kirche St. Peter und Paul - Église Saint-Pierre et Saint-Paul
Niederburnhaupt - Burnhaupt le Bas

Gedicht von einem Soldaten der 12. Kompanie, Landwehr-Infanteie-Regiment N° 123, gedichtet am 30.April 1915 zu Ehren der Maienkönigin. Gefunden vom Divisionspfarrer der 12. Ldw. Inf. Division Benedict KREUTZ. Kreutz erwähnt den Fund in seinem Kriegstagebuch mit den Worten:
"In Niederburnhaupt, das am 1. Januar 1915 geräumt wurde, fand ich vor der Muttergottesstatue vor der noch stehenden Krippe einen Briefbogen, der versteckt war in Blumen, die fromme Soldaten der Muttergottes brachten - jeden Abend halten Soldaten für sich Maiandacht - mit folgenden Versen:"

Der Maien-Königin

1. Hart an der Vogesenfuße, eingekehrt
ist auch der Mai.
Beut' viel Blüten uns zum Gruße,
frisches Grün ziert alles neu.

2. Ringsum donnern die Kanonen,
Das Morgenrot steht auf wie Glut;
Die Krieger, die hier mutig wohnen,
Dem Vaterland weih'n sie ihr Blut

3. In dem halb zerstörten Dorfe
Schuldlos träumend in dem Grün,
Trauert in Wehmut still das Kirchlein,
Unsere Krieger gern hin ziehn.

4. Turm und Wand ist teils zerschossen,
Innen ist noch alles gut.
Und vom Sonnengold umflossen
Hält Maria sichere Hut.

5. Freundlich neigt ihr Haupt sie milde
Und ihr Auge blickt so lieb.
Zu dem Muttergottes Bilde
Täglich mich die Sehnsucht trieb.

6. O du reine, hehre Jungfrau,
Königin der Maienzeit,
Auf uns Krieger niederschau,
Breite Deinen Mantel weit.

7. Sieh doch, Mutter, dieses Jagen!
Sieh dies blutige Schlachtgefild!
Drum wir jetzt zu beten wagen
Hier vor Deinem Gnadenbild:

8. Mutter, bitt bei Deinem Sohne
Jetzt in dieser Maienzeit:
Hoch von seinem Himmelsthrone
Nehm er uns des Krieges Leid.

9. Schenk uns den ersehnten Frieden,
Schenke ihn der ganzen Welt,
Daß nicht länger mehr hienieden
Blute sie ob Ruhm und Geld.

10. Liebe Herrin, laß Dich bitten,
Hör der Krieger kindlich Fleh'n;
Sag's dem Sohn, für uns gelitten,
Es soll dies Leid zu Ende geh'n.

11. Er möge doch die Herzen lenken
Der Kriegsherrn auf dem Erdenball.
Er mög' uns Kraft zum Siege schenken,
Zerreißen bald der Feinde Wall.

12. O Maria, laß uns sehen:
Daß noch nie blieb unerhört
Deiner Kinder inn'ges Flehen,
Daß nicht Gnade Du gewährt.

13. Laß uns nicht zu Schaden werden
Jetzt in dieser schweren Zeit,
Bleib uns gnädig hier auf Erden,
Bleib's uns in der Ewigkeit.

Das Dorf und die Kirche wurden während des Ersten Weltkriegs vollständig zerstört, die Reste gesprengt. Das Schicksal der Kirche dokumentieren einige Bilder: