Ruhetage in der Ortsunterkunft
Februar 1918. Eine Division wird abgelöst und kommt als Reserve in Ortsunterkunft um Mülhausen.Die Ruhelager befanden sich bei Mülhausen, Sausheim, Illzach, Kingersheim, Lager Zurenwald, Zillisheim, Brubach, Brunstatt, Oberenzen, Munweiler, Bilzheim und Hartwaldlager.
Dass „Ruhe“ nicht die Abwesenheit von Mühsal und Drill bedeutete, schildert ein Leutnant eindrücklich wie folgt:
„Angeblich lagen wir in Ruhe. Ruhe? Zumindest ein zweifelhafter Begriff! Sehr bald gelangt jeder zu der Einsicht, dass das Dasein in den herrlichen, elsässischen Stellungen ein ruhigeres war, als jetzt im tiefsten Frieden der Etappe. Noch nie seit dem Einsatz des Regiments bei Kriegsbeginn wurde uns so verdeutlicht, dass wir nicht „alte Krieger“ – wie jeder gern glaubte – sondern Soldaten im Friedenssinn waren.
Nach wenigen wirklichen Ruhetagen begann emsige Tätigkeit und rüttelte jeden, vom Offizier bis zum letzten Mann, aus der Ruhe friedlichen Kriegsdaseins zur alten Geschäftigkeit kriegerischer Friedensarbeit. Appells, Instruktionsstunden, Fuß- und Geschützexerzieren, Batterieexerzieren, Fahrübungen, Besichtigungen, Scharfschießen, Manöverübungen in größeren Verbänden füllten die kurzen Tage. Unmittelbar hinter und oft inmitten einschlagender Übungsgeschosse leichter und schwerer Artillerie, deren Feuer der Feuerwalzentechnik entsprechend immer 100 m um 100 m weiter vorverlegt wurde, lernten Infanterie, Beobachter und Begleitbatterien unter den scharfen Augen ihres Divisions-Kommandeurs Generalmajors von Hippel den modernen Angriffskampf. Tüchtig wurde jeder einzelne herangenommen, Mann und Pferd nicht geschont. Offiziers-, Mannschafts- und Pferdeersatz füllten bestehende Lücken aus.
Nach des Tages Mühen und Plagen winkten am Abend schöne Quartiere bei lieben Menschen, winkten die Freuden der Großstadt, wo man bei einem Schoppen elsässischen Landweins, bei Musik und Tanz, in Theater und Café reichlichen Lohn fand. Wären die Zeitungen nicht gewesen, man hätte hier den Krieg vergessen können. Manch‘ einem mag der Gedanke an Abschied recht schwer geworden sein.“