Von den südwestlichen rebenbestandenen Ausläufer des Schwarzwaldes springt der „Isteiner Klotz“, ein etwa 100 bis 150 Meter die Rheinebene überragender Felsen aus Muschelkalk, bis nahe an die Ufer des Stromes vor. Früher umspülten die Fluten des Rheins den Felsen, dessen Gipfel ein starkes Schloβ krönte, und an dessen Fuβ im Süden das untere, die Schiffahrt beherrschende Schloβ lag.
Die vorspringende Lage des Felsens forderte geradezu heraus, hier eine den Rhein beherrschende starke Feste anzulegen, die in den Jahren 1902 bis 1910 als neuzeitige Panzerfeste erbaut wurde. Die 10 cm Schnellfeuerkanonen1 der Türme reichten von Basel bis zu den Höhenzügen südöstlich Mülhausen (Habsheim) und konnten jedem Versuch, den Rhein zu überschreiten, wirksam entgegentreten.
Etwa 20 km nördlich der Feste lagen die für die Kriegsbesatzung vorgesehenen Truppen 2. Kompanie/7. Badisches Infanterie-Regiment 142 (II./J.R. 142) und 1. Kompanie/Lothringisches Fussartillerie-Regiment 16 (I./Fuβa. 16) in Garnison. Als am 31. Juli 1914 der Befehl „Drohende Kriegsgefahr“ in Müllheim eingetroffen war, rückte am Abend die erste Besetzung der drei Panzerbatterien nach Istein ab. Zwei Stunden später war die Feste schuβbereit. Die restliche Besatzung folgte am nächsten Vormittag.
Die 1. Batterie unter Hauptmann Aschenbach besetzte die Batterie B und Nebenwerke. Die 3. Batterie unter Hptm. Ritscher besetzte Batt. A und die Nebenwerke. Die 4. Batterie unter Hptm. Rausch besetzte Batt. C und Nebenwerke. Der Artillerie- Kommandeurstand (Major Schirmer) befand sich westlich der Batt.B und den Flankierungsanlagen G und H mit je zwei 7,7 cm Schnellfeuergeschützen zur unmittelbaren Bestreichung von Rheinober- und unterstrom. Er bot einen umfassenden Überblick in die Rheinebene.
Die von Hüningen nach ausgesprochener Mobilmachung nach Istein überführte Schiffsbrücke lag unter dem Schutz des dortigen Brückenkopfes, zu dessen unmittelbarer Verteidigung von der Isteiner Salutbatterie je zwei 9 cm Kanonen nördlich und südlich der Schiffsbrücke eingebaut und von der Parkkompanie von I./Fuβa. 16 besetzt wurden.
Die Bestreichung der rings um die Befestigungsanlagen führenden Drahthindernisse erfolgte aus Flankierungsanlagen mit je zwei 5 cm Schnellfeuerkanonen. Grabenwehren bestrichen die etwa sieben Meter breiten, trockenen, betonierten Gräben um die Panzerbatterien, die mit je zwei 10 cm Schnellfeuerkanonen bestückt waren. Schuβweite etwa 11 km.
Am Rhein waren Stromwachen ausgesetzt, ins Vorgelände wurden aus dem auf der Feste vorhandenen Brieftaubenschlag Brieftauben geschickt. Diese planmäßig vorbereiteten Nachrichtenanlagen genügten, besonders nach dem Abrücken der aktiven Truppen, dem Artilleriekommandeur nicht. Die Nachrichten liefen meist über Freiburg nur spärlich ein. Major Schirmer entsandte daher aus Freiwilligen seines Bataillons sechs Radfahrpatrouillen weit vor, und rüstete sie mit Brieftauben aus, die zum Teil aus dem vom I./Fuβa. 16 in Müllheim schon im Frieden eingerichteten Brieftaubenschlag genommen wurden.
Der Führer der vom Artilleriekommandeur der Feste in Richtung Dammerkirch auf Belfort entsandten Artillerie- Radfahrpatrouille 1, Kanonier Vogelsang, erhielt in der Nacht vom 5. zum 6. August die wichtige Meldung an Major Schirmer, dass die französische 8. Kavallerie- Division an der Bahnstrecke Morvillars–Grandvillars–Jonchery ausgeladen, mit starker Infanterie und Artillerie Ortsbiwak bezogen habe.
Im Brückenkopf Hüningen war die Fernsprechleitung durch den Unteroffizier Kaltenbach besetzt. Die Artillerie erhielt schnell wichtige Nachrichten über den Feind und die eigenen Truppen von der Gegend Hartmannsweilerkopf bei Sulz7 bis zur Schweizer Grenze. Nur durch die Artillerie vom Istein erhielt z. B. am 19. August 1914 der im Süden über die Hüninger Brücke mit seiner Abteilung vorgehende Generalleutnant von Bodungen, während er im Gefecht bei Tagsdorf stand, die Nachricht, dass die beiden nördlichen Kolonnen von Generalleutnant Mathy und Dame vor weit überlegenen feindlichen Kräften über den Rhein bei Neuenburg (Abtl. Mathy) und Istein (Abtl. Dame) zurückgegangen waren.
Die schnelle Übermittlung der Nachrichten vom Feinde durch Brieftauben ermöglichte es, den Gegner zu beschieβen, sobald er in den Feuerbereich der Feste kam. Dies war wichtig; denn nur der scharfe Schuβ und die schnelle Wirkung der Geschütze der Panzerfeste übten die große Wirkung auf den Gegner aus, die besonders zu Kriegsbeginn die Feste Istein hatte.
Feuertätigkeit der Panzerbatterien.
Wegen ihrer Lage auf dem linken Flügel der langen Westfront gehörte die Feste Istein zu den wenigen Befestigungen, die im Kriege aus ihren Geschützen den Feind beschossen haben.
Die ersten Schüsse wurden aus den Panzerbatterien gegen französische Flieger am 4. August abgegeben. In der Regel kamen die Flieger von ihrer Erkundung über Istein in Richtung auf Belfort zurück und bewegten sich in gerader Richtung Istein–Belfort. Der Artilleriekommandeur ließ daher von auβen, über einen Kreidestrich, die Seitenrichtung der Geschütze nehmen und beschoβ die Flieger bis zur Grenze der Schuβweite der 10 cm Kanonen. Die Schüsse lagen gut, und die Flieger vermieden seit dieser Zeit den Bereich der Feste.
Am 9. August 1914, 5:50 Uhr nachmittags, als die Schlacht bei Mülhausen entbrannt war, beschoβ die Feste aus allen drei Batterien eine Kolonne auf der Straße Schlierbach–Geisspitzen.
Am 20. August feuerte die 1. Batterie 103 Schuβ gegen Franzosen bei Sirenz. Am 23. August, 1:13 Uhr mittags, beschoβ die 3. Batterie schanzende Franzosen auf dem Kirchhof von Habsheim. Die vorzügliche Wirkung der Schüsse konnte von Istein aus gut beobachtet werden. Die Schüsse lagen im Ziel, trotzdem auf der Grenze der Schuβweite gefeuert werden musste.
Die Schuβweite der 10 cm Kanonen der Feste reichte nicht aus, um in der Schlacht bei Mülhausen gegen die auf den Rixheimer Höhen (siehe auch Rixheim-Schiessstand) südostwärts Mülhausen erkannten französischen Batterien einzugreifen. Der Mangel an beweglichen, weittragenden Kanonen – wenn es auch nur eine Batterie gewesen wäre – machte sich fühlbar. Der Feind kannte die Schuβweite der Panzerfeste und vermied es peinlich, in deren Schuβbereich zu kommen. Bewegliche, weittragende Kanonen hätten durch Beschieβung der feindlichen rechten Flanke, besonders der Artillerie auf den Rixheimer Höhen, Verluste bei unsern von der Napoleonsinsel vorgehenden Regimentern ersparen können.
Um den Wirkungsbereich der Feste zu erhöhen, beantragte der Artilleriekommandeur den Einbau von zwei aus Neubreisach herangezogenen 15 cm Ringkanonen auf den Höhen im Weinberg ostwärts Rheinweiler. Später, als Major Schirmer vorübergehend Artilleriekommandeur der Oberrheinbefestigung war, während sein Bataillon in Neuenburg bespannt wurde, richtete er weitere Stellungen für 15 cm Ringkanonen bei Steinenstadt, bei Neuenburg und Griβheim ein, so dass der ganze Oberrhein bis zur Schweizer Grenze unter dem Feuer schwerer Kanonen lag, die den Rhein der Länge nach bestreichen konnten.
Der erste Verwundete des Bataillons war am 9. August 1914 der Kanonier Riechert der 3. Batterie, der mit der Artilleriepatrouille 2 bei Forsthaus Schlierbach mit einer feindlichen Patrouille zusammengestoßen war. Der Führer der Artilleriepatrouille 4, Duczmal der 1. Batterie, erbeutete am 10. August von einem erschossenen französischen Patrouillenführer der 8. Kavallerie-Brigade ein wichtiges Tagebuch. Die Artilleriepatrouille 1 hatte sich bei Sulz zu weit vorgewagt. Ihr Führer, der immer ausgezeichnete Meldungen gebracht hatte, Kanonier Vogelsang, mit vier Mann der Batterie, wurde in Sulz überrascht und gefangen. Ferner waren Kanonier Lörscher und Selzer in Gefangenschaft geraten. Sie mussten in den Vogesen an Schützengräben arbeiten und wurden schlecht behandelt. In einer stürmischen Nacht, als die Franzosen bei einer Feier reichlich dem Alkohol zugesprochen hatten, und der Posten nicht aufpasste, entwichen die beiden aus dem kleinen Stall und entkamen, trotzdem ihnen mehrere blaue Bohnen nachgesandt wurden. Lörscher trug den bei der Flucht verwundeten Kameraden auf seinem Rücken bis zu den deutschen Linien.
Ende August, Anfang September 1914 wurde die Besatzung der Feste durch Teile des Landwehr Fuβartillerie Regiment 13 abgelöst.
Die zwischen 1902 und 1907 entstandenen Anlagen im Rahmen der Oberrheinbefestigungen mussten auf Grund der Bestimmungen des Vertrages von Versailles im Jahre 1921 geschleift werden.
Aber schon 1936 wurde am und im Isteiner Klotz neu gebaut. Der „Klotz“ wurde Teil des Westwalls. Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurden nach und nach 113 Militärbunker um Istein herum errichtet. Die meisten Anlagen im Isteiner Klotz befanden sich unterirdisch im Fels und waren durch über 3 km lange Gänge und Stollen miteinander verbunden. Die Stollenanlagen waren in mehreren Etagen angelegt, Treppen und Fahrstühle verbanden die Etagen. Für die Artilleriebeobachtung wurde auf dem Felsen eine 105 Tonnen schwere Panzerkuppel installiert. In die Kuppel führte eine fast 56 Meter hohe Treppe. Die Eingänge des Eisenbahntunnels der Rheintalbahn wurden mit sprengstoffgefüllten Kammern versehen, um gegebenenfalls gesprengt werden zu können. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden die Befestigungsanlagen gesprengt, Mit insgesamt 100 Tonnen Sprengstoff wurde ein großer Teil des Felsmassivs dabei weggesprengt, der angefallene Schutt wurde später teilweise für die Befestigung der Rheinsohle verwendet.
Auf dem Isteiner Klotz, ein heutiges Geotop, ist ein sehr schlöner Rundwanderweg. Siehe auch Wanderungen und Ausflugstipps.
Zum Abschluss noch einige Bilder von 2010:
Treppenabgang zu Fenster 1
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Panzertür an der Fallgrube mit abgesenkter Fallgrubenabdeckung
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Im Stollensystem
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Bei der Küche
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Beim 6 – Schartenturm. Im Innern die Aufschrift: „Achtung Feind hört mit“
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Gleise der Hohlgangsbahn. Bild rechts: der westliche Bahnhof (Ausweichstelle)
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Beim Treppenschacht I. An der Decke die Reste der Treppe welche eine Etage höher führte.