Deutschland, Essay 1922. Was sich in den Stahlgewittern, diesem eher sachlichen Tagebuchbericht angedeutet hat, bricht sich in diesem Essay seine Bahn. Jünger gelingt es, seine vorher nur geschilderten Erlebnisse zu abstrahieren und zu reflektieren und diese von der alltäglichen Ebene des absoluten Grauens auf eine metaphysische Ebene des existentiellen Erlebnisses und der Neuformung der vorhandenen Urimstinkte zu transferieren. Wie er bereits vorher angedeutet hat ist die Schlacht nichts anderes für ihn als ein Walzwerk des industriellen, anonymen, auch zufälligen Todes, das es durch seine Unausweichlichkeit und Unentrinnbarkeit schafft, einen neuen Typ Menschen zu schmieden. 

Der äußerst provokate Text setzt einen klaren Gegenpol zu den kriegskritischen Autoren,  in dem er den Krieg als unabwendbaren und nicht verleugenbaren festen Bestandteil der Menschheitswerdung und des menschlichen Charakters beschreibt. Jüngers Hang zu rauschhaften Erlebnissen und ekstatischer Metaphorik und dem harschen Wechsel zu geradezu überdetailierungshaftem Beschreibungsbedürfnis vom alltäglichen Grauen findet in diesem Frühwerk seinen ersten Höhepunkt.

Ein spannender Essay, vielleicht auch aus dem unbedingten Willen geboren, dem Erlebten einen positiven Sinn zu geben zu müssen. Wobei jedoch dann selbst einem alternden Ernst Jünger nach dem zweiten verlorenen Weltkrieg mit erneutem millionenfachen Grauen das "innere Erlebnis" des sinnlosen Gemetzels abhanden kam.

  • About the Author: Vorgestellt von Gernot Roth