Gedicht von Karl ZUMSTEIN, 
verfasst am 02. September 1914 in Niedermagstatt - Magstatt le Bas.
Publiziert in "Oberelsässischer Volksfreund".
 

Zum Tode meines lieben, unvergeßlichen Freundes
Ernest Bilger,
Unteroffizier der Reserve im Reserve-Regiment 109, 7. Kompanie
gefallen auf dem Felde der Ehre.


Der Donner grollt, der Kampf tobt wild.
Auf blutgetränktem Schlachtgefild
Liegt, mit dem Tode ringend schon,
Ein braver, junger Elsaßsohn.

Wie sterbend nun sein Auge bricht
Er leis' zum Kameraden spricht:
"Grüß' meine Eltern! Grüß' mein Lieb!
Sag', daß im Felde ich verblieb!"

"Sag', daß als Christ und als Soldat
Getreulich meine Pflicht ich tat,
Für's Vaterland mein Blut ich gab,
In Elsaßerde fand mein Grab!"

"Dann grüß auch meine Schwesterlein!
Sie soll'n der Eltern Trost nun sein,
Die Stütze und ihr ganzes Glück,
Derweil ich nimmer kehr zurück!"

"Daß ich nicht wiederkehren sollt,
Der liebe Gott hat's so gewollt!
Sein Ratschluß war's es mußt so sein!
Lieb Schwesterlein, drum fügt euch drein!"

"Seid mutig und verzaget nicht!
Tut so, wie ich's tat, eure Pflicht!
Dann gibt’s für uns, zum schönsten Lohn,
Ein Wiederseh'n an Gottes Thron!"

"So lebt denn wohl, ihr Lieben mein!
Lebt wohl, es muß geschieden sein!
Gott segne euch zu jeder Stund'!"
Der Brave spricht's mit bleichem Mund.

"O Gott !" seufzt er, "mit Deiner Hand
Schütz' auch mein armes Elsaßland!
Schenk' Frieden ihm, das schönste Gut;
Daß nicht umsonst ich gab mein Blut !"

Die Sonne sinkt, der Tag vergeht,
Das Herz des Braven stille steht.
Die Seele steigt empor zum Licht. -
Er starb nach treu erfüllter Pflicht.


Niedermagstatt, den 2. September 1914

Karl Zumstein

In der Regiments-Chronik des R.I.R. 109 befindet sich folgender Eintrag:
"Bilger, Ernst, Utffz. d. Res., geboren 29.06.1885 Niedermagstatt (Mülhausen i. E.), gefallen 19.8.1914 Wischerhöhe" (westlich von Wisch - heute Wisches, Vallée de la Bruche, 67)

Das Reserve-Regiment 109 wurde bei Kriegsbeginn in Karlsruhe zusammen gestellt. Die 7. Kompanie von Ernst Bilger, Kompanie-Führer Hauptmann Frantz, gehörte zum II. Bataillon. Das Regiment gehörte zum XIV. Armee-Korps und in den Verband der 7. Armee unter Generaloberst von Heeringen.
Am Sonntag den 9. August fuhr das II. Bataillon vom Karlsruher Westbahnhof ins Feld. Zunächst ging es zur Verstärkung in die Gegend um Colmar. Am 15. August versammelte sich das Regiment in Türkheim, und marschierte über Colmar nach Schlettstatt. Der Weitermarsch am 16. August erfolgte in Richtung Breuschtal.

Dort kam es am 18. August zum "Gefecht bei Lützelhausen" und dann zum "Sturm auf die Wischer Höhen".

Die Regiments-Chronik schreibt dazu:

"Am 18. August, 2:30 Uhr vormittags, rückte das Regiment über Forsthaus Klein-Wisch gegen die Wischer Höhen vor, die von starken feindlichen Kräften besetzt waren. Die 8. Kompanie stieß als erste auf den Feind. Das I. Batl. wurde links, das II. rechts heraus entwickelt und 10:30 Uhr zum Sturm auf die Höhen angetreten. 
Prasselnd schlug das feindliche Feuer von den Höhen herab in die angreifenden Kompanien. Trotz sengender Hitze gings mit schlagendem Tambour und flatternden Fahnen die sehr schroffen Berghänge hinan. Der Feind hatte sich an der Höhenstraße eingegraben und wehrte sich verzweifelt. Mit keuchendem Hurra wurde er überrannt und ins Tal gegen den Donon hinunter geworfen. Eine große Zahl Gefangener blieb in unserer Hand. Sie trugen, welch' merkwürdiger Zufall, dieselbe Regimentnummer 109 wie wir. Ihr tapferer Regimentskommandeur starb in vorderster Linie den Heldentod.
Auch uns schlug der harte Kampf blutende Wunden. Dreißig Kameraden waren gefallen. Viele Verwundete brachte man ins Tal zurück."

Der Eintrag des R.I.R. 109, 7. Komp., in der Verlustliste vom 08.10.1914:

Ernst BILGER ist beerdigt auf dem cimetière militaire allemand La Broque (67130), Grab-Nr. 125, Block 1.