Weihnachten am Scherenfernrohr

Am heil’gen Abend im Wintersturm
In des Dorfkirchleins engem Glockenturm
Sitzt feindwärts spähend ein Offizier,
Doch seine Gedanken enteilen von hier.

Vermischt mit mächtiger Tanne rauschen
Erklingt von unten, er muss darauf lauschen,
Andächt’ger Gesang und Orgelton. –
Sein Ohr vernimmt’s, doch lange schon
Weilt er im Geist, entrückt dem Jetzt,
Ins liebe Elternhaus versetzt.

Und sieht, halb Traum, halb Wirklichkeit
Vorm geist’gen Aug‘ die gold’ne Zeit,
Wo glücklich er daheim dort stand
Am Weihnachtsbaum im Vaterland. –

Und wie die Gedanken so heimwärts schweifen,
Da tönen Schüsse, Geschosse pfeifen
Dicht um den Hochsitz im Kirchenturm.
Die Zeit ist ernst, nicht Frieden: ‚s ist Sturm!

Des Kriegsmanns geschärftes Auge späht,
Indessen die Sonne untergeht,
Hin nach dem Feind. – Und als es dunkel,
Der Himmel erstrahlt im Sternengefunkel,
Da kehrt der junge Offizier
Zurück in sein Alarmquartier. –

Und hier vereint im engen Raum
Schart man sich um den Lichterbaum. –
Wann wird von neuem Wahrheit werden
Die Weihnachtsbotschaft:
Friede auf Erden !?