Weihnachten

Das wir in diesem Sundgaugrenzgebiet
Am heil’gen Abend singen unser Lied,
Dass wir hier feiern dritte Kriegsweihnacht,
Wer von uns hätte jemals das gedacht!

Mit heißem Blick nach Belforts Felsenhügel
Steh’n wir, die äußersten am linken Flügel.
Vom ersten Unterstand am „Schweizerzipfel“
hebt an und schwingt sich über Waldeswipfel
Der deutsche Christfestgruß u. Weihnachtssang.

Die ganze Westfront läuft er dann entlang
Von unsrer Division durch all die andern
Bis zum Marinekorps am Strand von Flandern;
Von dort in kühnem Sprung bis – Bukarest!
Heil, Brüder, Euch und Sieg in Ost und West!

Ein and’rer Weihnachtsgruß, ein Wunsch nicht minder
Warm, grüßt daheim die Frauen und die Kinder,
Die Väter, Mütter, Schwestern über’m Rhein.
Ja, innig sollt Ihr heut beglückwünscht sein,
Ihr Lieben all im Deutschen Vaterland.
Wir reichen Euch im Geiste uns’re Hand.
Dank Gott für seinen Schutz und seine Wehr,
Dass in die Heimat brach kein feindlich Heer.
Er stärke Euch im Darben und im Sorgen.
Bleibt fest! Auf Dunkel folgt ein heller Morgen.

Ein dritter Gruß – da wird mir ernst zu Mut.
Nicht weit von hier so mancher Brave ruht.
Es traf die Kugel, ohne erst zu fragen,
Am Waldrand still die schlichten Kreuze ragen.
Wir denken Euer, die Ihr seid gefallen.
Hört Ihr bess’re Weihnachtslieder schallen?
Wir können Euer Opfer nicht mehr lohnen,
Doch – die Getreuen tragen drüben Kronen.
In Herzeleid, Welträtsel, Kriegesnot
Das Trutzwort gilt: „Ich glaube keinen Tod!“

Nun von der Kampffront in die Lazarette.
Ich bring Weihnachtsgruß von Bett zu Bette.
In Luppach, Weiler, Ottendorf, Morand
Manch einer gute, linde Pflege fand.
Ihr kranken Kameraden und Ihr wunden,
O mögt Ihr bald genesen und gesunden.
Bis dahin zeigt als Helden Euch im Tragen,
Wie Ihr es draußen wart in Kampfestagen.

Noch einmal zieht’s zur Stellung mich hinaus 
Mein lieber Kamerad, o halte aus!
Wir wissen ja, noch kann’s nicht anders sein.
Gedenke jetzt beim stillen Sternenschein,
Du am Gewehr, Geschütz, Du mit der Schippe,
An jenes Gotteskind dort in der Krippe – 
Ein Bild des Elends, dennoch Zukunftssaat;
Menschheitstragödie, dennoch Gottestat.
Zuerst: Stallwinkel ohne Pracht und Glanz,
Dann: Blut und Wunden, Kreuz u. Dornenkranz.
Dazwischen: Manneskampf in Geisterschlacht.
Weil selbstlos: unverstanden und verlacht.
Zuletzt das königliche Siegeswort: „Vollbracht!“

So arm von außen, dennoch war nie einer,
Innerlich reicher, stärker, froher, reiner.
Zum Gotteshelden wuchs das Kind heran,
Zum Heiland, der auf ewig brach die Bahn
Für uns, für uns, Ihr Brüder – sorget nicht:
Die Liebe siegt, das Leben und das Licht!