Bei Tagsdorf wars....

(Original in elsässer Dialekt, Traduction libre: Edmond Brunner: C’ètait aux portes de Tagsdorf)

Hört, Leute, hört, was ich euch sing` und sage:
Bei Tagsdorf wars an einem Augusttage!
Da hat gar heiß die wilde Schlacht getobt;
Ward deutscher wie auch welscher Mut erprobt!

Und wie die Sonne sank am Abendhimmel,
Verstummte auch das grause Schlachtgetümmel!
Manch deutscher Wehrmann lag in seinem Blut;
Und manch Welschen traf die Kugel gut.

Am Bachesrand im kühlen Wiesengrunde
Liegt ein Franzos mit schwerer Todeswunde.
Sein Aug`blickt traumverloren in die Weit`;
Ein deutscher Wehrmann kniet an seiner Seit`.

Des Wunden Auge schon beginnt zu brechen,
Und zitternd seine bleichen Lippen sprechen:
"Freund, siehst du am Hügel dort mein Heimatort!
Vor Jahren zog ich in die Fremde fort!"

"Ich ward geliebt und durft nicht wieder lieben:
Vom Elternhaus hat dies mich fortgetrieben!
Die Liebe wars, die große Zaubermacht,
Die schon viel Unheil in die Welt gebracht!"

"Glaubt, schon, ich hätte Ruhe dort gefunden,
Doch nimmermehr mein Herz es wollt` gesunden.
Mein einz`ger Wunsch war, das ich einstens werd`,
Im Tod gebettet in die Heimaterd`.

"Und diese Sehnsucht, dies mein letztes Hoffen!
Es wird erfüllt! - Ich bin zu tot` getroffen!
Ich find mein Grab im lieben Elsaßland,
Vielleicht getroffen von des Bruders Hand!"

"Bring ihr dies Bild! Ihr Nam` ist draufgeschrieben,
Sagt ihr, das ich ihr stets bin treu geblieben!
Zeigt ihr den Ort, wo man mich scharrte ein;
dass auf mein Grab sie pflanzt ein Blümelein!"

Leis von den Lippen haucht`s: "Auf Wiedersehen!"
Ein Seufzer noch - dann ist`s um ihn geschehen.
Das Herz des Armen schlägt den letzten Schlag:
"Bei Tagsdorf war`s, an einem Augusttag!"

Gedicht von Karl Zumstein, Niedermagstatt. Veröffentlicht 1917 im „Neuen Elsässer Kalender“