Um Balschweiler

Die Stellungen der Franzosen gegenüber unserem rechten Flügel lagen in dem langgestreckten Waldgebiet von Diefmatten und Gildweiler (Buchwald und Gildweiler Wald), das auf einem die Umgegend beherrschenden Bergrücken das Sulzbachtag vom Spechbachtal trennte. Seine Vorposten hatte er bis an die Chaussee, die aus dem Largtal von Balschweiler nach Niederburnhaupt und Oberburnhaupt führt, vorgeschoben. Balschweiler bildete einen starken Eckpunkt seines Stellungssystems.

Von da folgte seine vorderste Linie dem breiten Taleinschnitt der Larg bis 1,5 km westlich Heidweiler, durch den sich weithin sichtbar der schmale Rhein-Rhone-Kanal hinzieht. Das stark bewaldete Höhenmassiv südlich der Larg, östlich der Ortschaften Eglingen, Hagenbach und Ballersdorf, gab den Franzosen gegenüber unserem linken Flügel einen starken natürlichen Schutz. Hier vor allem fanden ihre leichten und schweren Batterien überall günstige Stellungen. Hierher konnten sie auch mit der über Dammerkirch führenden Vollbahn spielend Truppen und den ganzen Nachschub an Munition, Geräte, Verpflegung aus ihrem Bollwerk Belfort befördern. Es war eine für den Feind in jeder Beziehung günstige Stellung, deren Vorteile er jederzeit auszunutzen gewillt war.

Diese Lage hatte sich aus dem Bewegungskrieg Anfang September 1914 ergeben. Erst als der Krieg auch im Sundgau zum Stellungskrieg erstarrte, machten sich die Nachteile der deutschen Stellung für die Verteidigung langsam geltend. Unsere Aufgabe bestand im großen ganzen in der Sperrung der von Belfort über Balschweiler gerade nach Mülhausen führenden Chaussee. Schon im Dezember 1914 und Januar 1915 hatten die Franzosen an diesem Stellungsteil angegriffen; am 27. Januar 1915 nicht weniger als sechsmal.

Unternehmen „Colmar“ – Vorstoß nach Balschweiler

Dieses Unternehmen, das in der Nacht vom 12./13. Oktober 1918 geplant war, hatte den Zweck, Gefangene zu machen. Man wollte dazu in das vom Feind stark besetzte und verteidigte Dorf Balschweiler eindringen. Bei der beteiligten Artillerie lesen wir folgendes:

"Zwei beiderseits der großen Straße Enschingen – Balschweiler bereitgestellte, durch Pioniere und Flammenwerfer verstärkte Stoßtrupps  des Landwehr Inf. Regts. 8 unter Führung des Oberleutnant Mertens sollten nach Balschweiler vorstoßen, den Ostteil des Ortes vom Feinde säubern und womöglich Gefangene machen. Der Gang des Unternehmens und die artilleristische Unterstützung war folgendermaßen gedacht:

Zur x Zeit (21 Uhr): schlagartige Feuereröffnung der Batterien auf den Ostteil von Balschweiler sowie die nördlich und südlich anschließenden Feindstellungen. Gleichzeitig wird der Ort Eglingen durch Pi. Batl. 381 und zwei Batterien vergast, der Ort Balschweiler und die Kanalbrücke bei Eglingen vernebelt. Die Batterien belegen die als besetzt erkannten Feindbatterien mit Gasüberfällen, Stosstrupps der Pioniere durchschneiden die Hindernisse.

x + 5: Pi. Batl. 38 gibt eine Minensalve auf Balschweiler ab. Das bisher auf dem Ostrand dieses Ortes gelegene Feuer springt nun in die Mitte der Ortschaft, die Stoßtrupps der Infanterie brechen vor. Alles übrige bleibt wie bisher.

x + 10: Das in der Mitte von Balschweiler liegende Feuer springt nun an den Westrand des Ortes als Abriegelung, alles übrige bleibt wie bisher.

x + 40: Die Infanterie tritt den Rückzug aus Balschweiler an.

x + 60: Das Feuer wird eingestellt.

Der Schutz der Sturmtruppe erfolgte also durch eine Feuerglocke, von der die beiden Flanken starr liegen blieben, während sich die Vorderseite in drei Sprüngen vorwärts bewegte.

Bei der in der Art des Geländes begründeten geringen Schwenkungsmöglichkeit war es für fast alle an dem Unternehmen beteiligten Batterien erforderlich, neue Stellungen zu beziehen. Hierfür wurden zwei Nächte angesetzt. Die schweren Batterien hatten in der Nacht 10./11. Oktober, die Feldbatterien in der darauffolgenden Nacht ihre Colmar-Stellungen einzunehmen. Dabei war es gar nicht unbedenklich, die übrigen Abschnitte durch Herüberziehen ihrer Artillerie auf zwei Tage ganz des Artillerieschutzes zu berauben. 

In der Nacht 8./9. Oktober begann die Munitionsversorgung der Colmar-Stellungen, welche in dem gebirgigen Gelände auch an die Pferde hohe Anforderungen stellte. 

Von jeder Untergruppe war ein Offizier für rechtzeitige Durchführung verantwortlich: Jegliches Einschießen unterblieb. Die Batterien erhielten vom Lichtmeβtrupp 59 eigene Batteriepläne für die Colmar-Stellungen und mussten damit alle Schieβgrundlagen errechnen. Nach dem Unternehmen sollten alle Batterien noch während der selben Nacht in ihre eigenen Stellungen zurückkehren. Besonders hervorzuheben ist noch, daß mit dem nördlichen Stosstrupp I eine Artillerie-Offizierpatrouille vorzugehen hatte, um festzustellen, ob in Balschweiler größere Mengen Artilleriemunition gelagert seien, woraus auf Angriffsvorbereitungen geschlossen werden könne. Wegen der mit dem Auftrag verbundenen großen Gefahr wurden alle Teilnehmer nur auf Grund freiwilliger Meldungen ausgewählt.

Das sorgfältigst  vorbereitete Unternehmen Colmar glückte vollkommen. Die Gegenwirkung der französischen Artillerie war ganz gering. Der Zweck wurde völlig erreicht und ergab 13 Gefangene, darunter zwei Offiziere. Es war eine bunt gemischte Gesellschaft, die sich aus 4 Franzosen, 8 Amerikanern und einem Schweden zusammen setzte. Leider kostete das Unternehmen unserem Regiment zwei schmerzliche Verluste. Leutnant Hugo Graf von Zech und Gefreiter Ludwig Steingrübl kehrten nicht mehr zurück"

Das Kriegstagebuch des Regiments enthält den Eintrag: „wahrscheinlich bei dem eigenen Minenschlag gefallen.“.