Ernst Martin Kaubisch
Leutnant der Reserve, geb. 11. April 1895 in Schneeberg (bei Wolfsberg/ Sachsen),
gefallen am 7. August 1917 bei Obermorschwiller.
Fliegerbeobachter bei der FA (A) 282 (Flieger-Abteilung Artillerie 282) Sierentz.
Der Beobachter wurde damals im Fliegerjargon "Franz", der Flugzeugführer "Emil" genannt. Die Beobachter waren während des Fluges den Flugzeugführern vorgesetzt.
Am 7. August 1917 kamen Lt. d. R. Kaubisch und der Flugzeugführer Lt. Hesse von einem Feindflug zurück. Sie wurden von zwei französischen Spads angegriffen. Dabei wurde an ihrer Maschine eines der beiden Steuerseile zerschossen, das Flugzeug geriet in starke Schräglage. Kaubisch kletterte auf die nach oben zeigende Tragfläche um mit seinem Gewicht die Maschine wieder in eine stabile Fluglage zu bringen. Bei diesem Manöver verlor er den Halt und stürzte ab (Anm.: Diese Seiten entstanden mit freundlicher Unterstützung von www.frontflieger.de).
Nachfolgend zwei Schilderungen dieses Ereignisses.
Bericht aus dem Nachrichtenblatt der Luftstreitkräfte Nr. 25 vom August 1917:
"Ein Flugzeug der Abteilung (A) 282, Beobachter Lt. d. R. Kaubisch, Führer Lt. Hesse, rutschte am 7.8. im Verlaufe eines Luftkampfes mit 2 Spads2 ab. Der Beobachter versuchte auf ein Tragdeck zu steigen, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Hierbei stürzte er tödlich aus dem Flugzeug ab. Immerhin war es Lt. Hesse gelungen, das Flugzeug wieder in die Gleichgewichtslage zu bringen. Das Flugzeug zertrümmerte bei der Landung östlich Obermorschweiler, Lt. Hesse blieb unbeschädigt. Nur durch das selbstlose Eingreifen des Lt. Kaubisch blieb Lt. Hesse vor tödlichem Absturz bewahrt".
Lt. Kaubisch
Lt. Hesse
Auszug aus dem Buch "Flieger an allen Fronten" von F. Schilling:
"Der Lichtbildauftrag der Besatzung Lt. Hesse und Lt. Kaubisch ist erledigt. Wohlverstaut stecken die Kassetten mit belichteten Platten in den Seitentaschen des Beobachtersitzes. Zufrieden klopft Franz seinem Piloten Hesse auf die Schulter und winkt Richtung Heimat. In großer Kurve dreht er ab, der Front entgegen.
Achtung! Von halbrechts zwei Flugzeuge! - Typ und Hoheitsabzeichen sind noch nicht zu erkennen. Aber sie halten genau auf das deutsche Aufklärungsflugzeug zu. Also doch Franzosen? Ja, zwei Spads nähern sich in einer Mordsfahrt, wollen dem Deutschen den Rückwechsel abschneiden.
"Gut, nehmen wir noch einen Luftkampf auf dem Nachhauseweg an. Mit den beiden Brüdern werden wir auch noch fertig. Sind oft noch mehr gewesen, mit denen wir uns herumgebalgt haben."
Durch das Motorengeräusch klingt das scharfe leise Pfeifen von MG-Munition. Der eine Spad hat das Feuer eröffnet. Der Tanz geht los. Kurven und Schießen!
Die beiden Spads greifen scharf und hartnäckig immer wieder an, gar nicht so "laurig" wie die meisten Franzosen sonst. Kaubisch, der Beobachter, hat alle Hände voll zu tun, um sich die beiden nur einigermaßen vom Leibe zu halten. In fortgesetzten kurzen Serien rattert sein MG, mal auf den einen, mal auf den anderen. Trotzdem schlagen dauernd Treffer in die Rumplermaschine ein.
Ein feines Klirren von Metall! Ein Treffer, der ein Spannkabel zerschlug. Ist wohl nicht schlimm! Doch da kommt der Rumpler in der Kurve ins Rutschen. Emil lässt sie ruhig ein paar hundert Meter wegtrudeln.
Die beiden Spads decken den Deutschen zuletzt doch zu stark ein. Scheinen keine heurigen Häschen zu sein. Ein Stückchen stossen sie der abtrudelnden Rumpler noch nach. Unten liegt jetzt gerade unter den kämpfenden Parteien die Front.
Eine deutsche Flak beeilt sich, dem bedrängten Landsmann mit einer Lage Brisanzgranaten gegen die beiden Spads beizuspringen. Rätsch - krach! liegen die dunklen Sprengpunkte den beiden Franzmännern vor der Nase. Die drehen ab nach Hause und haben genug von dem Spaß.
Nun wird's aber Zeit, die Rumpler aus der Trudelei herauszunehmen. Hesse drückt den Steuerknüppel herum, tritt das Seitensteuer gerade. - Nichts! Die Maschine richtet sich nicht auf. Kein Druck auf den Steuern! Verflucht, so ist sie nicht zu kriegen! Ganz ausgesprochen hängt sie nach links. Scharf beobachtet Kaubisch seinen Emil über die Schulter. Der arbeitet und hantiert herum wie wild. Alles umsonst.
"Anscheinend Steuerkabel nach rechts zerschossen!" schreit Hesse. Kaubisch weiß, was es geschlagen hat. Absturz so oder so! Sind schon andere Beobachter zwischen die Tragflächen gekrochen und haben durch veränderte Belastung das Gleichgewicht auf der beschädigten Seite wiederhergestellt.
Keinen Augenblick zögert Kaubisch. Die Handschuhe fliegen in den Beobachtersitz. Der Schal hinterher. Ebenso einer der Pelzstiefel. Der andere sitzt zu fest. Lass ihn! Hält nur auf. Langsam schiebt er sich aus seinem Sitz nach vorn, über die obere Rumpfverschalung greifen die Hände zum Spannturm, krallen sich an.
Der rasende, schneidend kalte Luftzug drückt den Körper des Beobachters zurück. Mit eiserner Muskelkraft zieht er sich weiter vor. Jetzt das rechte Bein zur Tragfläche hinüber! Nun klammern sich die Hände an Spannkabel und Streben zwischen der oberen und unteren Fläche fest. Kaum atmen kann Kaubisch, als er sich frei zwischen den beiden Flächen dem vollen Fahrtwind entgegenstemmt.
Und diese scharfe Kälte! Die nackten Finger verklammen immer mehr. Egal! Die Zähne aufeinandergebissen! Es muss sein!
Hesse spürte schon die Gewichtsverlagerung im Steuer. Die Maschine kommt. Ganz langsam, aber sie kommt. Genau beobachtet er Franzens Bewegungen. Winkt dem Braven dankbar zu. Der nickt nur kurz, muss seine ganze Kraft zusammenreißen, sich zu halten.
Nein, so geht es nicht mehr! Das linke Bein muss hier am Spannkabel bei der Strebe Halt bekommen. Vorsichtig zieht er das Bein heran. Da rutscht der rechte Fuß auf dem glattlackierten Tragflächenleinen weg. Der Windzug wischt die Beine von der Tragfläche herunter. Die ganze Last des Haltens liegt auf den halberstarrten Händen. Sie schaffen's nicht mehr. Die eine lässt los, um überzugreifen an die Strebe. Greift zu, kann aber nicht mehr zupacken.
Der Fahrtwind spült den Körper des Braven von der Tragfläche herunter, ehe noch sein Griff ihm wieder Halt geben kann.
Kaubisch stürzt ins Bodenlose.
Kein Schrei! Lautlos versinkt der todgeweihte schneidige Beobachter.
Hesse hat die Maschine jetzt gefangen, blickt hinüber zu seinem Franz. Die Augen weiten sich ihm. Wo ist Kaubisch? Leer der Platz zwischen den Tragflächen! Eben noch hockte er zwischen den Spannkabeln. Ein Blick über den Bordrand. Da unten hebt sich eine abstürzende kleine, schwarze Menschengestalt gegen ein gelbes Stoppelfeld auf der Erde ab. Trudelt unaufhaltbar in die Tiefe. Verloren! Rettungslos verloren!
Um Hesse, seinen "Emil", hat sich Kaubisch bewusst geopfert! Mühsam bringt der Pilot den zerschossenen Kahn gerade noch über die Front, um ihn mit gewaltigem Bruch auf hügelig-zerrissenem Gelände hinsetzen zu können. Heil kriecht Hesse aus den Flugzeugtrümmern hervor, gerettet - durch seinen treuen Franz. Kameradschaftsopfer!
Irgendwo im Gelände liegt der zerschmetterte Körper des Leutnants Kaubisch von der Fliegerabteilung A 282."
Persönliche Daten |
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Geburtsdatum |
11. April 1895 in Schneeberg (bei Wolfsberg/ Sachsen) |
Religion |
evangelisch |
Eltern und Privates |
Vater: Ernst, Beruf: Lehrer
Mutter: Berta geborene Rentzsch Kinder: keine Erziehung: Im elterlichen Hause, Gymnasium Schneeberg
Zivilverhältnis: Stud. jur. et cam.
Wohnsitz: Schneeberg (Sachsen) |
Dienstzeit |
Diensteintritt am 1. April 1914 als Einjährig-Freiwilliger bei der 2. Kompagnie Infanterie-Regiments König Wilhelm I. (6. Württ.) Nr. 124 |
Dienstgrad |
Inf. Regt. 124 10.09.1914 Gefreiter 25.2.1915 E.K. 2. Kl Am 15.03.15 dorthin überwiesen Ers. Batl. IR 124 Offiziers-Aspiranten-Ausbildungs-Kurs in Münster. 5. Mai 1915 zum Offz.-Asp./Vizefeldwebel ernannt. (Anerkannt den 10. August 1915 Unterschrift Martin Kaubisch) 19.07.1915 Leutnant d. R Ab 14.08.16 Verpflegungsoffz. III/124 23.02.17 z. Armee-Flugpark 4 zw. Prüfung a. Eignung als Beobachter Am 07.08.1917 bei Obermorschweiler nach Luftkampf tödlich abgestürzt. |
Feldzüge / Gefechte |
8.8.14 Gefecht bei Spincourt
22.8.14 Schlacht bei Bleid
23.8.14 Gefecht bei Grandcourt
25.8.14 Gefecht bei Grand-Failly
29.-30.8.14 Gefecht bei Dun Montigny
2.9.14 Gefecht bei Gesnes
6.-7.9.14 Gefecht bei Pretz
8.-9.9.14 Gefecht im Bois de Défny
10.-12.9.14 Gefecht bei Rembercourt
3.10.-15.3.15 Kämpfe in den Argonnen
Seit 30.6.15 wieder im Feld
30.6.-24.9.15 Argonnenkämpfe
17.1.16 Kämpfe in der Champagne, Herbstschlacht 29.1.-14.2.16 und 4.4.-25.7.16 Stell.-Kämpfe vor Ypern 30.7.-20.8.16 Schlacht an der Somme
5.9.-4.11.16 Schlacht und Stell.-Kämpfe vor Ypern
17.-26.11.16 Schlacht an der Somme
27.11.16-19.3.17 Stell.-Kämpfe a.d. Somme
7.6. - 9.7.17 und 9.7. - 7.8.17 Stell.-Kämpfe im Oberelsass
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Martin Kaubisch wurde am 10. August 1917 auf dem Friedhof in Sierenz bestattet und nach dem Krieg auf den deutschen Militärfriedhof Cernay umgebettet. Sein Grab befindet sich in Reihe 6 und trägt die Nummer 523.