Ernst Udet (* 26. April 1896, t 17. November 1941) war ein deutscher Jagdflieger im 1. Weltkrieg. Er war mit 62 Abschüssen, nach Manfred von Richthofen der zweiterfolgreichste deutsche Jagdpilot.

Im März 1916 kam er zur Flieger-Abteilung 206 nach Heiligkreuz (Anm.: heute Sainte-Croix-en-Plaine). Dort startete er täglich mit seinem Beobachter Ltn. Justinus zu Aufklärungsflügen. Oft flogen sie nach Drei Ähren, oder zum Weißen- und Schwarzen See, um die Artillerie beim Einschiessen zu unterstützen. Mit Beginn des Herbstes wurde der Luftkrieg härter. Anfänglich wurden aus den Maschinen noch Stahlpfeile auf die Truppen hinunter geworfen (Anm.: sog. Fliegerpfeile; in Bündeln abgeworfen gefürchtet als Wuchtgeschosse, die sogar ganze Pferde durchschlugen; GR). Doch nun hatte man auch Bomben gebaut, die man abwerfen konnte. Und um diese Errungenschaft dem Feind vorzuführen, wurde am 14. September 1916 ein Angriff auf Belfort geflogen. 

Udet und sein Beobachter Justinus fliegen mit einer weißen Aviatik B (Mercedes Motor 120) in einer Höhe von 3500 Meter als plötzlich ein Spannseil der rechten, oberen Tragfläche reißt. Die Maschine zieht nach links, gerät ins Trudeln und stürzt nach unten. 1000 Meter tiefer fängt sich das Flugzeug, es liegt zwar schief in der Luft, trudelt aber nicht mehr. Die beiden hoffen, im Gleitflug notlanden zu können. Da sie aber noch mindestens 15 Kilometer hinter der deutschen Front sind, würde das Gefangenschaft bedeuten. So gleiten sie ostwärts, Udet gibt ab und zu etwas Gas um den Höhenverlust zu verringern, die Maschine neigt sich dann aber stärker zur Seite und die Gefahr des Trudelns steigt. Bei Montbéliard kommen sie, mit einer Flughöhe von 1800 Meter wieder aus den Wolken. Die rettende Schweizer Grenze ist noch über 12 Kilometer entfernt. Nun klettert Justinus von seinem Sitz bis zur Mittelstrebe der rechten Tragfläche um ein Gegengewicht zu schaffen. Sie sind noch 1600 Meter hoch. Die Maschine fliegt nur wenig besser, der Ausgleich ist zu gering. Udet kann das Steuer kaum mehr halten, er ruft Justinus zurück. Gemeinsam versuchen sie nun gegenzusteuern, es sind noch 8 Kilometer bis zur Grenze bei 1000 Meter Flughöhe. Da taucht plötzlich der Grenzzaun zur Schweiz auf, sie überfliegen die Grenze bei Saint-Dizier in 600 Meter Höhe. Sie fliegen über die Schweizer Dörfer Courtemaiche und Vendlincourt und passieren schließlich wieder einen Stacheldrahtzaun. Nun sind sie über Deutschem Gebiet, und landen auf einem frisch gepflügten Acker nahe der Ortschaft Winkel im Sundgau. 

Sie sind unverletzt und überglücklich. Die ersten Dorfbewohner kommen angelaufen, Justinus gibt einem Radfahrer den Auftrag, im Dorf nach Heiligkreuz zu telefonieren. An der rechten Tragfläche ist ein Scheckel der Verspannung gebrochen. Das defekte Teil lassen sie vom Dorfschmied in Winkel erneuern.
Der mit dem Auto herbeigeeilte Stabsoffizier teilt den Piloten mit, dass gerade heute zwei Kameraden ihrer Abteilung, Leutnant Winter und Vizefeldwebel Preiß, wahrscheinlich wegen desselben Materialfehlers über dem Hartmannsweilerkopf abgestürzt sind.  Beide sind tot. Ihr Denkmal steht heute noch am Fuß des Hartmannsweilerkopf bei Berrwiller.

Eine Woche später erhielt Leutnant Justinus das E.K.I, der Gefreite Udet das E.K.II. Weil sie dem Vaterland ein Flugzeug gerettet haben. 

Beim nächsten Bombenflug sollten einige befestigte Vogesennester angegriffen werden. Die Maschinen wurden vollgetankt, Maschinengewehre, Bomben und eine neue Funkanlage erhöhten beträchtlich das Startgewicht. Die Maschine stieg langsamer als sonst. Udet wollte sich in einer Kurve nach oben schrauben. Das Flugzeug hing mit dem linken Flügel nach unten und lies sich nicht wieder aufrichten. Die Geschwindigkeit wurde geringer, die Maschine stellte sich auf den Kopf und flog in Spiralen der Erde zu. Um beim Aufprall nicht von dem vor ihm befindlichen Motor nicht erdrückt zu werden, kletterte Justinus auf die Rückenlehne. Beide überlebten den Absturz, Justinus trug Prellungen und Schürfungen davon, Udet war am Knie verletzt. Sie werden nach Colmar ins Lazarett gebracht. Vorzeitig und noch humpelnd verlässt Udet das Lazarett und kehrt zum Flugplatz zurück. Hier trifft er zum letzten mal Justinus. Er ist 1917 als Jagdflieger an der Westfront gefallen.

Man ist auf dem Flugplatz nicht gut auf ihn zu sprechen, er kann seine Papiere holen und wird zum Flugpark Neubreisach zurückversetzt. Dort muss Udet vor den versammelten Flugschülern antreten. Der Hauptmann donnert mit lauter Stimme: „Seht ihn an! Das ist der Bursche, der durch sein gewissenloses Fliegen dem Vaterland eine neue, wertvolle Maschine zerstörte und das Leben seines Beobachters aufs schwerste gefährdet hat.“
Der Hauptmann verlas nun ein Papier: „Der Gefreite Udet wird mit sieben Tagen Mittelarrest bestraft, weil er durch leichtfertiges Kurvenfliegen das Leben seines Beobachters gefährdet und eine wertvolle Maschine zerstört hat. Nur in Anbetracht seiner bisherigen guten Führung im Felde fällt die Strafe nicht höher aus. Möge euch das allen als Warnung dienen!“
Die Strafe musste Udet im Militärgefängnis der Festung Neubreisach absitzen. Täglich kam morgens und abends „die Ronde“ vorbei. Und jedes Mal musste Udet vor einem Feldwebelleutnant den Spruch aufsagen: „Gefreiter Udet verbüßt sieben Tage mittleren Arrest, weil er durch leichtsinniges Kurvenfliegen das Leben seines Beobachters gefährdete und eine wertvolle Maschine zerstörte.“ 

Als Udet aus dem Arrest entlassen wurde, herrschte gerade eine ziemliche Aufregung im Flugpark Neubreisach. Am Morgen war ein Bombenangriff auf Belfort befohlen worden mit allen verfügbaren Maschinen. Die letzten Maschinen waren soeben gestartet, als ein Leutnant ihn ansprach ob er Pilot sei, ihn zum Hangar mitnahm und eine alte L.V.G. (Luft-Verkehrs-Gesellschaft) betanken lies. Zitat Udet: „Es ist eine ganz alte, zerrupfte Krähe.... Ausrangierte Schulmaschine wahrscheinlich. Aber noch nie zuvor habe ich das Wunder des Fliegens so stark und tief empfunden wie in diesen Augenblicken.“

Durch den Angriff der anderen war der Feind schon alarmiert. Von Belfort her kamen ihnen zwei Farmans und ein Morane-Eindecker entgegen. Mit dem „alten Vogel“, der kein M.G. an Bord hatte und nur mühsam auf 1800 Meter stieg, wäre ein Kampf aussichtslos gewesen. Sie bogen deshalb Richtung Süden ab. 

Bei Montreux entdeckten sie Depots und Kasernen. Die letzte Gelegenheit, die kleinen Bomben abzuwerfen, die der Leutnant noch im Beobachtersitz verstauen lies. Der Beobachter hatte eine eigene Technik des Bombenwerfens. Er warf sie nicht einfach über Bord, er öffnete eine kleine Luke am Boden seines Sitzes und lies sie hinunter fallen. Der Erfolg gab ihm recht. Doch dann entglitt ihm eine Bombe und blieb ihm Fahrgestell hängen. Wie leicht hätte die Bombe explodieren können. Udet kurvte vorsichtig links und rechts, doch die Bombe rutschte wie auf einer Gardinenstange in die jeweilige Richtung. Udets letztes Mittel: ein Turn, der erste Turn in seiner Fliegerlaufbahn. Und das Manöver gelingt. Die Bombe explodiert auf einem Acker. Sie drehen bei und fliegen nach Neubreisach zurück. Sie kletterten aus der Maschine, der Leutnant reichte Udet die Hand und sagte: „Es freut mich, Ihre Bekanntschaft gemacht zu haben.“

Im Flugpark erhält Udet die Nachricht, dass er zum Kampfeinsitzer – Kommando nach Habsheim versetzt wird.  Er konnte es zunächst kaum glauben: „Einsitzerflieger? Jagdflieger? Das, was jeder von uns erträumt? Es ist nicht zu fassen, es ist einfach nicht zu fassen...“

Udet erhielt ein nagelneuer Fokker: „Wunderbar graziös sieht er aus, schnittig wie ein Falke. Die alte Aviatik Maschine B, die ich bei 206 flog, wirkt plump wie eine Gans daneben.“
Doch der erste Flug mit der neuen Maschine endete in Trümmern. Gleich nach dem Start zog die Maschine nach rechts, die Steuerung war blockiert, der Flug endete an der Wand einer Flugzeughalle.
Der Vorfall wurde untersucht und Udet rehabilitiert, da sich der Bowdenzug zum Maschinengewehr verhängt und somit die Steuerung blockiert hatte. Am nächsten Morgen flog Udet mit einer alten Fokker nach Habsheim.

Das Kampfeinsitzer-Kommando bestand aus vier Piloten: Dem Führer Leutnant Pfälzer, Vizefeldwebel Weingärtner, Unteroffizier Glinkermann und Udet. 
„Wir sind alles junge Leute, und wohnen wie die Prinzen in der leerstehenden Villa eines reichen Amerikaners, der bei Kriegsbeginn geflüchtet ist. Der Dienst ist leicht und bequem. Ein- bis zweimal am Tage steigen wir auf und fliegen eine Stunde Sperre. Aber einen Feind bekommen wir selten zu Gesicht. Der Dezemberhimmel ist kalt und klar; die Erde klirrt vor Frost, und wenn man sich gut einpackt und das Gesicht gehörig buttert, ist die Fliegerei ein Vergnügen, fast wie eine Schlittenfahrt auf den Wolken.“

Zusammen mit Behrend, seinem Mechaniker, bastelte Udet eine Zielscheibe in Form eines Nieuport, von hinten gesehen, so wie man ihn beim Angriff erblickt. Abends, nach Ende des Flugbetriebs, wurde die Scheibe mitten auf dem Platz aufgestellt für Schießübungen aus der Luft. 
Der Mechaniker musste die Treffer zählen und signalisieren. Schüsse im Motor zählten doppelt, und zehn Treffer ergaben ein Glas Bier für ihn.

Sie flogen nun auch öfters Angriffe auf französische Gräben. Bei einem dieser Grabenflüge, dicht bei Thann, verspätete sich Udet. Es war schon dunkel, als er nach Habsheim zurückkam. Man hatte auf dem Flugplatz Pechfackeln angezündet um ihm heimzuleuchten. Bei der Landung beschädigte er das Fahrgestell leicht.

Alarm auf dem Flugplatz Habsheim am 18. März 1916, nachmittags halb vier: Fliegerbeobachter aus dem vordersten Graben melden zwei französische Flugzeuge, die sich Altkirch nähern. Udet startet um 4:16h und fliegt im Steigflug, um eine überlegene, vorteilhafte Höhe zu erreichen, Richtung Altkirch. Als er die vielen schwarzen Punkte am Horizont sieht, vermutet er zunächst Ölspritzer auf der Brille. Aber nein, mehrere Wellen kommen auf ihn zu. Es sind insgesamt 23 Maschinen, Bomber vom Typ „Caudron“ und „Farman“ und über ihnen die Königin des Schwarmes, ein mächtiger „Voisin“. Udet fliegt 300 Meter über ihnen, dreht in ihre Richtung ein, Kurs Ostnordost Richtung Mülhausen. Über Dornach geht er im Sturzflug nach unten und greift den großen Farman an. Das Maschinengewehr rattert, der Farman schwankt, der Benzintank ist getroffen. Schon wird auch er von zwei Caudrons beschossen. Udet taucht im Sturzflug nach unten weg, 300 Meter tiefer fängt er seine Maschine ab. Da saust auch schon der brennende Farman in die Tiefe. Ein Mann mit ausgebreiteten Armen und Beinen stürzt vorüber, es ist der Beobachter der Farman. Inzwischen sind auch alle Maschinen von Habsheim in den Luftkampf verwickelt. Die französische Formation hat sich aufgelöst, Einzelkämpfe haben sich entwickelt. Ein Caudron versucht nach Westen zu entkommen. Udet verfolgt ihn, eröffnet auf 150 Meter das Feuer, jedoch ohne Erfolg. Bei einer Distanz von 80 Meter die nächste Schußserie. Diesmal zeigt sich Wirkung, der rechte Motor qualmt und bleibt schließlich stehen. Der Caudron taucht nach unten weg, Udet hinterher. Doch nun hat sein M.G. Ladehemmung, er muss den Gegner ziehen lassen und fliegt zurück nach Habsheim. Dort hält sich die Freude über den Sieg der ersten großen Luftschlacht der Weltgeschichte in Grenzen. Das AEG Großflugzeug der Fliegerabteilung 48 wurde von einem gegnerischen Farman im Kurvenkampf gerammt. Beide Flugzeuge stürzten über der Napoleonsinsel ab. Es gab keine Überlebenden. 

Die Bilanz dieser Luftschlacht: Fünf französische Flugzeuge wurden abgeschossen. Von neun französischen Offizieren kehrten nur drei wieder zurück. Die vier Piloten des Kampfeinsitzer – Kommandos hatten jeder einen Abschuss zu verzeichnen. Auf deutscher Seite starben beim Absturz des Großflugzeuges Leutnant Walther Kurth,  Offizierstellvertreter Fritz Hopfgarten und Vizefeldwebel Max Wallat. Die Kameraden der Fliegerabteilung 48 errichteten den Gefallenen auf dem kleinen Friedhof beim Flugplatz ein Denkmal, welches heute auf dem deutschen Militärfriedhof Illfurth steht.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Luftsiege von Ernst Udet im Oberelsass

Datum
Uhrzeit
Flugzeug Typ
Ort

18.03.1916
17:10 h 
Farman
Mülhausen
12.10.1916
15:30 h
Bréguet Michelin
Rüstenhart
24.12.1916
11:00 h 
Caudron
Oberaspach
20.02.1917
Mittags
Nieuport Einsitzer
Aspach


Udets Ende

Nach den Misserfolgen in der Luftschlacht um England im 2. Weltkrieg und den damit verbundenen Anfeindungen durch Göring und einiger anderer NS-Größen erschoss sich Udet am 17. November 1941. An die Stirnwand seines Bettes schrieb er zuvor den an Göring gerichteten Vorwurf „Eiserner, Du hast mich verlassen!“.

Der Suizid wurde geheim gehalten. Für die Öffentlichkeit starb Udet an den Folgen einer bei der Erprobung einer neuen Waffe erlittenen schweren Verletzung. Er wurde auf dem Berliner Invalidenfriedhof beigesetzt. Auf der Reise zur Bestattung Udets kam Werner Mölders (Jagdflieger im Zweiten Weltkrieg) in Breslau bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Er fand daraufhin ebenfalls auf dem Invalidenfriedhof, gegenüber Udets Grab, seine letzte Ruhestätte. Kurz darauf wurde dem Jagdgeschwader 3 der Traditionsname „Udet“ verliehen.

 


Auszeichnungen
    • Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse
    • Preußisches Militär-Flugzeugführer-Abzeichen
    • Ehrenbecher für den Sieger im Luftkampf
    • Württembergisches Verdienstkreuz mit Schwertern
    • Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern
    • Hanseatenkreuz der Hansestädte Lübeck und Hamburg
    • Verwundetenabzeichen (1918) in Silber
    • Pour le Mérite am 9. April 1918
    • Wehrmacht-Dienstauszeichnung IV. Klasse
    • Spange zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse
    • Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes am 4. Juli 1940
    • Flugzeugführer- und Beobachterabzeichen in Gold mit Brillanten
    • Bulgarischer Militär-Verdienstorden, Großoffizierskreuz mit Schwerter